AgiL stellt vor | Schmeck den Süden

In unserer Rubrik „AgiL stellt vor“ präsentieren wir regelmäßig Beispiele guter Praxis („Best Practice“) entlang regionaler Lebensmittel-Wertschöpfungsketten. Dabei werfen wir unseren Blick bewusst über den sächsischen Tellerrand und lassen uns von überregionalen Kooperationsprojekten und Regionalvermarktungsinitiativen inspirieren. Diesen Monat: „Schmeck den Süden – Genuss außer Haus. Dafür sprach die AgiL mit Dr. Alexander Wirsig von der MBW Marketinggesellschaft.

Logo von „Schmeck den Süden“ – Genuss außer Haus (Foto: MBW Marketinggesellschaft mbH)

Unter dem Motto „Schmeck den Süden“ macht die MBW Marketinggesellschaft in Baden-Württemberg regionalen Genuss seit 1994 erlebbar: ob bei den gleichnamigen Gastronomien und Betriebskasinos, beim Einkauf von regionalen Lebensmitteln, insbesondere im selbständigen Einzelhandel, sowie auf zahlreichen Veranstaltungen. Die Kooperation der „Schmeck den Süden“-Gastronom:innen hat das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) gemeinsam mit dem Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Baden-Württemberg und der MBW Marketinggesellschaft mbH ins Leben gerufen. Die landesweite Vereinigung der ca. 320 Mitglieder stellen regional arbeitende Restaurants dar und setzen den Standard für „vertrauensvollen regionalen Genuss“. Die Gemeinschaft wurde in 2021 durch das MLR dafür als Genussbotschafter Baden-Württemberg“ ausgezeichnet. Aktuell (Stand: Juni 2023) nehmen ca. 73 Betriebe der Gemeinschaftsverpflegung teil und setzen im Rahmen der Initiative eine regionale Speisekarten um.

Imagefotos der Kampagne (Fotos: DEHOGA; zur Verfügung gestellt von MBW Marketinggesellschaft mbH)
Was gab den Impuls zur Gründung der Initiative?

Bereits seit 2016 haben Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung Interesse an dem erfolgreichen Konzept des Programms der Schmeck den Süden“-Gastronomen gezeigt. Im Jahr 2018 ist es dann gelungen, das seit knapp 20 Jahren erfolgreiche Projekt aus der Gastronomie unter dem Namen „Schmeck den Süden“ – Genuss außer Haus in die stetig wachsende Gemeinschaftsverpflegung zu übertragen. Voraus ging ein einjähriges Pilotprojekt mit fünf Pilotbetrieben.

Welchen Stellenwert hat Regionalität in Ihrem Handeln?

In diesem Programm steht die verbindliche Verwendung von nachvollziehbar regionalen Produkten, die vor allem bei Fleisch und Fleischerzeugnissen gemäß den EU-notifizierten Qualitätsprogrammen des Landes Baden-Württemberg – dem Biozeichen Baden-Württemberg (BIOZBW) und Qualitätszeichen Baden-Württemberg QZBW) – erzeugt wurden, im Vordergrund. Diese nachvollziehbar regionalen Produkte sollen in der weiter an Bedeutung gewinnenden Außer-Haus-Verpflegung verstärkt vermarktet werden. Das Projekt kann damit neben den Anbietern auch der Nachfrage der Gäste in der Außer-Haus-Verpflegung nach regionalen Lebensmitteln Rechnung tragen. Die entsprechenden Anforderungskriterien wurden von der DEHOGA BW und der MBW Marketinggesellschaft mbH gemeinsam mit interessierten Betrieben aus der Gemeinschaftsverpflegung und in Abstimmung mit dem MLR entwickelt.

Das Konzept ermöglicht eine modulare und schrittweise Umsetzung. Es können sowohl einzelne Komponenten als auch Aktionsgerichte aus regionalen bzw. bioregionalen Zutaten sein. Je nachdem wie viele Komponenten und Aktionsgerichte pro Woche angeboten werden, wird der Betrieb mit einem oder zwei „Löwen“ ausgezeichnet. Die teilnehmenden Betriebe der Gemeinschaftsverpflegung werden jährlich neutral kontrolliert.

Ein Löwe = ein Aktionstag mit einem regionalen Gericht oder zwei regionalen Komponenten pro Woche

Zwei Löwen = zwei Aktionstage mit zwei regionalen Gerichten oder vier regionalen Komponenten pro Woche

Wo sehen Sie Ihre Initiative in den nächsten Jahren?

Ein Ziel des Kooperationsprojekts „Schmeck den Süden“ – Genuss außer Haus ist es, Akteur:innen von Wertschöpfungsketten zu unterstützen, die durch eine entsprechende Prozessqualität einen Beitrag für mehr Tierwohl, Biodiversität und Umweltschutz leisten wollen. Die Verbreiterung der Nutzung von Erzeugnissen der baden-württembergischen Agrar- und Ernährungswirtschaft, insbesondere der Qualitätsprogramme des Landes (QZBW/ BioZBW) und der EU (g.U., g.g.A., g.t.S. aus BW) steht hierbei im Mittelpunkt. Hierzu werden wir die Vorgaben zum Bezug der eingesetzten Zutaten für die regional gekennzeichneten Speisen schrittweise ausbauen. Ein weiterer Punkt stellt die Einbindung geprüfter Großhändler als Bündler im Projekt dar: Voraussetzung zur Teilnahme ist das Vorliegen eines regionalen Ordersatz ausschließlich mit Produkten aus den Qualitätsprogrammen des Landes (QZBW/ BioZBW) und der EU (g.U., g.g.A., g.t.S. aus BW).

Die Bedeutung von Regionalität und regionalem (Koch-)Handwerk findet immer mehr Anklang. Ein Hähnchen besteht jedoch nicht nur aus Brust und Keule und ein Schwein nicht nur aus Kotelett und Schnitzel. Wertschätzung für regionale Lebensmittel bedeutet auch, dass von einem geschlachteten Tier nicht nur die Edelteile, sondern alle anderen Teile einschließlich der Innereien genutzt werden. Diese traditionelle Fertigkeit zur Verarbeitung „From Nose to Tail“ zu Fleischgerichten und hausgemachten Wurstwaren ist in den letzten Jahrzehnten schrittweise verloren gegangen. Für diese Aspekte möchten wir die Gäste in den teilnehmenden Betrieben der Gemeinschaftsverpflegung gerne sensibilisieren, da sie in der öffentlichen Wahrnehmung zu wenig Beachtung finden.

Welche Rahmenbedingungen waren wichtig für den Erfolg Ihrer Initiative, z. B. hinsichtlich der Finanzierung?

Die Förderung des Projektes erfolgt über die MBW Marketinggesellschaft mbH aus Mitteln des Staatshaushalts Baden-Württemberg in sechsstelliger Höhe: Die EU-Kommission hat im April 2022 die Fortsetzung der baden-württembergischen Absatzförderung für die Qualitätsprogramme des Landes (QZBW/ BioZBW) und der EU-Qualitätsregelungen (g.U., g.g.A., g.t.S. aus BW) um weitere fünf Jahre bis 2027 genehmigt (notifiziert). Unter der Voraussetzung einer kontinuierlichen Weiterentwicklung des Einsatzes von Erzeugnissen aus den Qualitätsprogrammen des Landes/ der EU kann die Förderung für teilnehmende Betriebe in der Gemeinschaftsverpflegung außerhalb der De-minimis Beihilfe gewährt werden (Ausnahme: Erzeugnisse, die nicht in Anhang I AEUV enthalten sind). Das Projekt wird vom zuständigen Fachministerium (MLR) finanziell, politisch und durch kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit unterstützt (z. B. in Form von Auszeichnungsterminen der Betriebe, Vorstellung des jährlichen Genussführers etc.).


Die MBW Marketinggesellschaft hat die Aufgabe, den Absatz der baden-württembergischen Agrarprodukte zu fördern und damit die Marktchancen der heimischen Landwirtschaft und der ihr nachgelagerten Bereiche, nachhaltig zu stärken. Die MBW Marketinggesellschaft dient dabei insbesondere als Informations- und Kooperationsnetzwerk und für übergreifende Kooperationen und Projekte wie etwa mit dem Tourismus und der Gastronomie. Weitere Informationen unter: www.schmeck-den-sueden.de und www.gemeinschaftsmarketing-bw.de

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