Bio26 – eine Produzent:innen-Verbraucher:innen-Genossenschaft
In unserer Rubrik „AgiL stellt vor“ präsentieren wir regelmäßig Beispiele guter Praxis („Best Practice“) entlang regionaler Lebensmittel-Wertschöpfungsketten. Dabei werfen wir unseren Blick bewusst über den sächsischen Tellerrand und lassen uns von überregionalen Kooperationsprojekten und Regionalvermarktungsinitiativen inspirieren. Diesen Monat stellen wir „Bio26“ eine Produzent:innen-Verbraucher:innen-Genossenschaft aus Freiburg in der Schweiz vor. Wir sprachen mit Jean-Marc Fries, Vorstandsmitglied und Administrator von Bio26.
Bio26 ist eine Genossenschaft aus Produzent:innen und Verbraucher:innen, die einen gemeinsamen „Hofladen“ in der Innenstadt von Freiburg (Schweiz) betreibt. Um den Laden beliefern zu können, muss ein:e Produzent:in Aktivmitglied der Genossenschaft sein und die Produkte müssen der Charta (regionale Herkunft und Bio-Produktion) entsprechen.
Dem Laden angeschlossen ist ein Bistro, welches als Treffpunkt für Kund:innen und Produzent:innen sowie als Schaufenster für die angebotenen Produkte dient. Gekocht wird mit Bio-Produkten, hauptsächlich aus dem Sortiment des Ladens.
Was gab den Impuls zur Gründung der Genossenschaft?
Die Idee eines eigenen „Hofladens in der Stadt“ war beim Initianten, Präsidenten und Gemüsebauer Urs Gfeller schon länger präsent. Aber der eigentliche Auslöser für das Projekt war die Corona-Pandemie. „Ich empfand es als ungerecht, dass die Wochenmärkte, wo wir unser Gemüse verkauften, verboten wurden, während die Detailhändler ihre Lebensmittel in den Supermärkten weiterhin verkaufen durften.“ Zusammen mit anderen Bioproduzent:innen gründete er die Genossenschaft Bio26 und ging auf die Suche nach einem Ladenlokal. Fündig wurden sie in Freiburg. Das Lokal war jedoch nicht zur Miete, sondern zum Kauf ausgeschrieben. Deshalb wurde die Genossenschaft für Sympathisant:innen (ordentliche Mitglieder) geöffnet und auf diese Weise das Startkapital gesammelt.
Welchen Stellenwert hat Regionalität für Bio26?
Im „total lokalen“ Laden von Bio26 steht die regionale Herkunft aller Produkte im Vordergrund – sowohl in Bezug auf den Produktionsstandort wie auch für die Herkunft der Zutaten. In der Charta, zu deren Einhaltung sich alle Produzent:innen verpflichten, sind die Details definiert: Der Produktionsort der Lebensmittel beschränkt sich auf den Kanton Freiburg und die direkt angrenzenden Regionen. Dieses Gebiet hat die Vorwahl 026, was sich im Namen der Genossenschaft wiederfindet.
Wo sehen Sie das Projekt in den nächsten Jahren?
Wir sind etwas mehr als ein Jahr in Betrieb und somit immer noch in der Aufbauphase. Momentan legen wir den Fokus auf den Ausbau des Sortimentes und suchen gezielt nach Produzent:innen, welche das angebotene Sortiment von aktuell rund 1000 Artikeln sinnvoll ergänzen. Ein Effekt von Bio26 ist auch, dass sich bestehende Produzent:innen an neue Produkte wagen oder den Anbau bestimmter Produkte ausbauen. Weiter ist auch der Ausbau der Kund:innenenbasis – die sich glücklicherweise positiv entwickelt, auch wenn Bio-Produkte im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld einen schweren Stand haben – eine Priorität, um das langfristige Fortbestehen des Ladens sichern zu können. Das Bistro ist sehr gut unterwegs und stößt immer öfter schon an seine Kapazitätsgrenzen in Bezug auf die Mittagsmenüs.
Welche Tipps geben Sie den sächsischen Akteur:innen mit?
Ein Erfolgsfaktor ist sicher, dass die Initiative für das Projekt direkt von Produzent:innen ausging. So wurden von Anfang an praktische Aspekte höher gewichtet als ideologische Fragen – was bei Konsument:innengenossenschaften oftmals problematisch wird.
Dazu kommt, dass viele der Produzent:innen durch ihre langjährige Präsenz auf dem Wochenmarkt von Freiburg der Bevölkerung bekannt sind und ihr Beziehungsnetz einbringen konnten. Am ersten Informationsabend zur Vorstellung des Projektes kamen statt der erwarteten 30 bis 40 Personen über 120! Mittlerweile zählt die Genossenschaft rund 80 Aktivmitglieder und 400 ordentliche Mitglieder (Sympathisant:innen). Diese ordentlichen Mitglieder bilden somit eine starke Gemeinschaft an potentiellen Kund:innen wie auch als Multiplikator:innen.
Die starke mediale Präsenz des Projektes hat auch viel zur Bekanntheit beigetragen. Der Laden ist gut bei der an der Thematik „lokal und bio“ interessierten Bevölkerung verankert.
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